Nächster Sammelband

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir möchten Sie ganz herzlich dazu einladen, an der Bearbeitung und Publikation des nächsten Sammelbands aus der Reihe „Übersetzungen Slawischer Literaturen“ mit dem Titel Paratext angesichts der Übersetzung und seine Rezeption teilzunehmen. Wir erwarten Ihre Artikel bis zum 15.12.2016.

Paratexte sind Elemente, die um den eigentlichen Text herum funktionieren, laut Genette sind dies u.a. Titel, Vorworte, Nachworte, Einleitungen, Anmerkungen des Herausgebers, Abbildungen, Werbebeilagen, Informationen auf dem Umschlag usw. Andere Wissenschaftler charakterisieren den Paratext im weitesten Sinne als Kompositions- oder Verlagsrahmen. Die Einen stellen dessen Zugehörigkeit zum literarischen Werk nicht infrage, die Anderen bezeichnen ihn als die eigenständigen den literarischen Text umgebenden Elemente. In jeder dieser Auffassungen nimmt der Paratext bezogen auf Übersetzungen eine besondere Stellung ein und wird so zu einer zusätzlichen Form der Vermittlung zwischen Autor und Primärtext auf der einen Seite und dem Sekundärrezipienten sowie dessen Kulturuniversums auf der anderen Seite. Dies ist äußerst wichtig, denn der in die Zielsprache übertragene Text soll in einer neuen Umgebung, einem neuen Kulturraum funktionieren, er soll ein neues Publikum erreichen. Daher werden uns verschiedenartige Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Paratext-Typen in Übersetzungen West- und Südslawischer Literaturen sowie dem eigentlichen Text (besonders der Übersetzung, aber auch dem Original) interessieren. Außerdem ist die Rolle derselben in Bezug zum Sekundärrezipienten, der ja des Öfteren bescheidenes Wissen über Kultur, Geschichte oder spezifische Phänomene des primären Kulturkreises besitzt, von Bedeutung. Diese Elemente tauchen in der übersetzten Literatur wieder auf.

Die Problematik der Paratexte, bezogen auf Übersetzungen der West- und Südslawischen Literaturen, wird sowohl Aspekte der Struktur derartiger Aussagen als auch die Häufigkeit des Auftretens derselben in Übersetzungen oder um diese herum betreffen. Von Bedeutung ist ebenfalls die Kommunikationssituation: wer ist Sender und wer Empfänger eines Paratextes, wie groß ist die Autorität des Senders und inwieweit ist er für den Paratext verantwortlich. Besonders von Interesse scheint in diesem Zusammenhang die Situation zu sein, in der der Übersetzer Autor des Paratextes ist (besonders im Falle von Vor- und Nachworten) und wie dann seine Rolle die Funktion der Übersetzung beeinflusst. Eine andere Frage ist, in welchem Maße in vom Übersetzer verfassten Paratexten Überlegungen bezüglich der Übersetzung als solcher, der Übersetzerstrategie sowie Schwierigkeiten und Herausforderungen, die der Übersetzer annehmen musste, auftauchen.

Aufgrund seiner funktionalen Rolle wird der Paratext vor allem als Hilfe bei der Konkretisierung undefinierter Stellen angesehen, was besonders bei der Sekundärrezeption wichtig ist. Eine paratextuelle Aussage kann über etwas informieren oder Interpretationshinweise enthalten, sie kann also das Lesen in eine bestimmte Richtung lenken. Sie spielt sehr oft auch eine Schlüsselrolle in der Bereicherung des Vorwissens des Sekundärrezipienten. Paratexte können auch eine Appell- oder Werbefunktion erfüllen, indem sie den illokutionären Charakter hervorheben und so gewissermaßen zu einem „Pakt mit dem Empfänger“ werden. So verfolgt der Autor/Übersetzer/Herausgeber eine mehr oder weniger bewusste Strategie der Wechselwirkung. Der Paratext kann somit die Vorhaben – des Primärautors, Übersetzers oder Herausgebers – aufdecken, die mit der Funktion des Textes im sekundären Umlauf zusammenhängen. Im Extremfall wird er zu einem Propagandainstrument.

Mit Sicherheit kann ein Paratext nicht ohne Bezugstext, also dessen Daseinsberechtigung existieren, aber sind Vorwort/Nachwort/Einleitung für eine Übersetzung unabdingbar? Oder andersherum – gibt es Paratexttypen, die sich in der Übersetzung als überflüssig, unerwünscht herausstellen? Wenn ja, was ist der Grund dafür?

Welche Arten von literarischen Texten machen ein Vor- oder Nachwort nötig? Eine Art von Paratexten sind die in Literaturübersetzungen unbeliebten Fußnoten – sind sie eher eine Hilfe und Ausdruck der Gelehrtheit des Übersetzers oder sollte man sie tatsächlich eher als Fluch und Hindernis für die Textflüssigkeit ansehen?

Der Paratext kann und sollte auch unter dem Gesichtspunkt der Rezeption betrachtet werden. Daher sollten ebenfalls Rezensionen, Kommentare, Polemiken oder mit der jeweiligen Übersetzung zusammenhängende Interviews als eine Art von Paratext angesehen werden (Genette nennt diese Epitexte). Wir sind deshalb auch am Thema der Paratextualität im Zusammenhang mit Übersetzungen bulgarischer, kroatischer, tschechischer, mazedonischer, serbischer, slowakischer und slowenischer Literatur in Polen sowie mit Übersetzungen polnischer Literatur in den west- und südslawischen Kulturkreisen interessiert.

Wir hoffen, dass Sie sich durch die dargestellte Problematik angesprochen fühlen und erwarten Ihre Artikelvorschläge bis zum  30. 10. 2016 sowie Ihre fertigen Texte (ca. 15 Seiten Maschinendruck samt Abstract in englischer Sprache sowie Zusammenfassung und Schlüsselwörtern in der slawischen Sprache, von der der Artikel handelt, sowie in englischer und polnischer Sprache) bis zum 15. Dezember 2016 unter der Adresse gawlak.monika@gmail.com.

Für die Veröffentlichung des Sammelbands ist das Jahr 2017 vorgesehen, Herausgeber ist der Verlag der Schlesischen Universität (Wydawnictwo Uniwersytetu Śląskiego).

Informationen über die formalen Aspekte (Umfang, Form, Fußnoten usw.) befinden sich auf der Internetseite unserer Zeitschrift www.pls.us.edu.pl, unter dem Lesezeichen For authors.

Unsere Zeitschrift hat inzwischen 10 Punkte auf der Liste der vom polnischen Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen bewerteten Zeitschriften erhalten.

Hochachtungsvoll

Themenredakteurin                                                                           Chefredakteurin

Dr Monika Gawlak                                                                         Prof. zw. dr hab. Bożena Tokarz